22.01.2010

Nationale Umsetzung der Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnungen

Branche beklagt offene Fragen

Ein von der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V. (UFOP) gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Qualitätsmanagement Biodiesel e. V. (AGQM) angebotenes Fachseminar stieß am 20. und 21. Januar 2010 auf außerordentlich große Resonanz. Mehr als 120 Vertreter, vorrangig aus der Ölsaatenverarbeitungsbranche sowie der Biodiesel- und Mineralölindustrie, konnte der Geschäftsführer der AGQM, Dieter Bockey, insgesamt begrüßen. Im Mittelpunkt des Fachseminars standen neben der aktuellen Beschlusslage zur Änderung der Energiesteuergesetzgebung insbesondere die jetzt zu beachtenden Pflichten und Dokumentationsanforderungen gemäß der Biomassestrom- und Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung.

Den besonderen Schwerpunkt des Fachseminars nahmen die Erläuterungen zur betrieblichen Umsetzung der Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnungen ein. Die hierfür zuständige Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) war kompetent mit dem zuständigen Referatsleiter, Herrn Dr. Matthias Nickel, und weiteren Experten vertreten. Eingehend erläuterte das Referententeam die Dokumentationsanforderungen, beginnend beim Agrarhandel als sog. erste bis zur letzten Schnittstelle dem Biokraftstoffhersteller sowie die nachfolgende Anmeldung bei den Hauptzollämtern bzw. bei der Biokraftstoffquotenstelle.

Eine Vielzahl Fragen zur Klärung der Begriffsbestimmungen, z. B. was ist eine Betriebsstätte, die Abgrenzung der Erfassung landwirtschaftlicher Betriebe, für die eine Eigenerklärung genügt, und dem Ersterfasser, spiegelten die im Verlauf des Seminars praxisorientierte Diskussion wieder. Es wurde aber auch deutlich, dass bei einigen Definitionen und Rechtsbegriffen nach wie vor Klärungsbedarf besteht. Dies betrifft ebenfalls die vorgestellte EDV-gestützte Datenübermittlung auf der Web-basierten Plattform der BLE.

Der Teilnehmerkreis anerkannte die außerordentlichen Bemühungen der BLE, möglichst zeitnah alle administrativen Voraussetzungen für die termingerechte Umsetzung der Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung zu schaffen, einschließlich der erforderlichen Zulassung der Zertifizierungssysteme bzw. Kontrollstellen. Gefordert wurden zugleich sachgerechte Übergangsbestimmungen bspw. für verarbeitete Biokraftstoffmengen, die zum Stichtag 30.06.2010 nicht vermarktet werden konnten.

Wirtschaft forderte Terminverschiebung

Aus der Sicht der Veranstalter ist anzuerkennen, dass die betroffenen Wirtschaftskreise, beginnend beim Agrarhandel über die Ölsaatenverarbeitung bis einschließlich Biokraftstoff- und Mineralölindustrie erhebliche Anstrengungen unternehmen, sich mit den zusätzlichen Anforderungen zur Umsetzung der Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnungen auf betrieblicher Ebene auseinanderzu- setzen und bereit sind, die erforderlichen Dokumentationsstrukturen gemäß den Anforderungen bspw. für die Einführung eines Massenbilanzsystems zu schaffen.

Aufgrund der Tatsache, dass als Voraussetzung für die Vermarktung von Biokraftstoffen ab dem 1. Juli 2010 diese Betriebe bis dahin von einer von der BLE zugelassenen Zertifizierungsstelle zertifiziert sein müssen, wurde die Einhaltung dieses Termins angesichts von etwa 3.000 betroffenen Betrieben als aussichtslos bewertet und mit Nachdruck die Terminverschiebung gefordert. Die Terminverschiebung auf den 4. Dezember 2010, der zugleich von der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie vorgegeben wird, eröffnet die Möglichkeit, die Sonderregelung für den Erntenachweis um ein Jahr zu verschieben. Insbesondere der Agrarhandel hätte hierdurch die Möglichkeit, mit einem angemessenen Zeitvorlauf die Landwirte über die dann erforderliche Abgabe einer Eigenerklärung zu informieren. Bis heute sind nur ein vorläufig zugelassenes Zertifizierungssystem und nur weinige Kontrollstellen verfügbar, die den anstehenden Zertifizierungsaufwand nicht fristgerecht bewältigen können.

Verunsichert zeigten sich deshalb die Branchenvertreter im Hinblick auf die Disposition der kommenden Ernte. Sie befürchteten eine Behinderung der Warenströme national sowie auch innerhalb der Europäischen Union und im Welthandel.